Aufbau der Kirche aus Klein Chüden im Freilichtmuseum
Aufbau der Kirche aus Klein Chüden im Freilichtmuseum
Die umgesetzte Kirche im Freilichtmuseum, September 2020
Die umgesetzte Kirche im Freilichtmuseum, September 2020

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Die Altmark, der „schöne Norden Sachsen-Anhalts“, rühmt sich, mit über 500 Kirchen die Region Mitteleuropas mit der größten Dichte sakraler Bauwerke zu sein. Etwa die Hälfte davon stammt aus der Romanik – hier ist der Zusammenhang mit der Besiedlungsgeschichte des mittelalterlichen Grenzlandes offensichtlich – es wurden jedoch auch in der Frühen Neuzeit noch Kirchen errichtet, und natürlich ältere Bauwerke erweitert, erneuert oder gänzlich ersetzt. So stellt sich die altmärkische Kirchenlandschaft heute als vielfältiges Nebeneinander der Bauformen vom 12. bis zum 20. Jahrhundert dar, von trutzigen Feldsteinkirchen über nüchterne Fachwerkbauten hin zu historistisch-eklektizistischen „Rübendomen“ und natürlich Bauten der Moderne. Eine Kirche oder Kapelle jedenfalls gehörte und gehört zu einem altmärkischen Dorf, und so war es ein echtes Manko, dass im bereits 1911 begründeten Freilichtmuseum Diesdorf die Kirche bisher fehlte. Umso erfreulicher, dass nun endlich „eine Kirche ins Dorf“ kam.

Abbau und anschließende Rekonstruktion der Kirche erfolgten auf der Grundlage eines bauhistorischen Gutachtens und archivalischer Forschungen. Die Umsetzung der Fachwerkkirche wurde ermöglicht durch die Unterstützung mit ca. 178.000 Euro aus dem Förderprogramm „ländliche touristische Infrastruktur“ nach der Richtlinie zur Förderung der regionalen ländlichen Entwicklung des Landes Sachsen-Anhalt in der EU-Förderperiode 2014 bis 2020 (RELE 2014-2020). Die Baukosten belaufen sich insgesamt auf ca. 298.000 Euro.

Die Baugeschichte der 1793 als Ersatz für eine mittelalterliche Vorgängerin erbauten Kirche ist durch Unterlagen des örtlichen Pfarrarchivs und des Landesarchivs in Magdeburg sehr gut dokumentiert. Zudem wurde eine bauhistorische und holzbiologische Untersuchung durchgeführt, deren Ergebnisse sich mit dem archivalischen Befund decken. Die Kirche wurde seinerzeit gegen den Widerstand der lokalen Kirchenbehörden, aber mit direkter Unterstützung des Königs von Preußen auf Initiative der Ortsgemeinde neu errichtet, die dazu ehebliche finanzielle Belastungen auf sich nahm. Wohl nicht zuletzt deshalb wurde der Bau so kostengünstig und einfach als möglich ausgeführt: nüchtern, schlicht, beinahe ärmlich – aber deshalb sicher nicht weniger ein Haus Gottes, ein sakraler Ort für die offenbar sehr fromme Gemeinde.

Ein Turm ist nicht vorhanden; die Kirchenglocke ist außen am Giebel angebracht. Es handelt sich um die 1488 gegossene Glocke des Nachbarortes Jahrsau, der wegen seiner unmittelbaren Grenznähe 1952-61 entsiedelt und 1970 vollständig geschleift wurde. Dadurch wurde die Kirche von Klein Chüden auch zu einem Mahnmal der deutschen Teilung.

Eine umfangreiche Sanierung verlieh dem Gebäude 1854 ihre heutige Gestalt. Die vorher z.T. nur mit Lehmputz gefüllten Gefache wurden mit Ziegelsteinen ausgemauert, sechs neue Bleiglasfenster und eine neue Kirchentür wurden eingebaut. Auch das Kirchengestühl sowie das Gerüst für die Glocke wurden erneuert.

Da die Kirche nicht mehr zu Gottesdiensten genutzt werden konnte, wurde sie am 24. März 2019 entwidmet. Der Kirchenkreis Salzwedel hat das Gebäude zur Umsetzung an den Altmarkkreis Salzwedel unentgeltlich übertragen. Im Oktober und November 2019 wurde sie am alten Standort vollständig rückgebaut und zwischen März und Juli 2020 auf dem Museumsgelände wieder errichtet. Die Fertigstellung des Gebäudes konnte im Laufe des Jahres 2021 erfolgen.

Durch die Umsetzung der Kirche aus Klein Chüden ist:

  • die kirchliche Nutzung zu Gottesdiensten und Andachten wieder möglich,
  • das Gebäude als Zeugnis der regionalen Baukultur bewahrt,
  • ihre Funktion als Mahnmal der deutschen Teilung erhalten,
  • das Bauensemble des Freilichtmuseums durch eine „Kirche im Dorf“ abgerundet,
  • ein Alleinstellungsmerkmal unter den nord-ostdeutschen Freilichtmuseen geschaffen