Zwischen Kunst und Kuchen - Der Baumkuchen als Motiv der Kunst: Details

Theodor Fontane Roman Meine Kinderjahre

Aus: Fontane, Theodor. Meine Kinderjahre. Ausgabe Sammlung Dietrich. Leipzig 1992. S. 106-108 „Etwa um eben diese Zeit begann auch das gesellschaftliche Leben und zwar in Gestalt einer Reihe von Woche zu Woche wiederkehrender Gastereien. ... Waren wir an der Reihe, so bemächtigte sich des ganzen Hauses eine feierliche Stimmung, die mit der Stimmung bei Hochzeiten eine gewisse Ähnlichkeit hatte, wie denn auch die bekannte Dreiteilung von Polterabend, Hochzeit und Lendemain in der Gestalt von Vorbereitungstag, eigentlichem Festtag und Resteressen wiederkehrte. Welchem dieser drei Tage der Preis gebührte, mag unentschieden bleiben; doch glaube ich fast, daß mir der erste Tag der liebste war. Er verlief zwar unmateriell und entsagungsreich, hatte dafür aber die Vorahnung kommender Herrlichkeiten. An diesem Vorbereitungstage erschien, wie in allen anderen Häusern, so auch bei uns die Witwe Gaster, eine renommierte Kochfrau. Sie vereinigte Behagen und Würdigkeit in ihrer Erscheinung und wurde, dieser letzten Eigenschaft entsprechend, mit Respekt und unbedingtem Vertrauen behandelt. Sie lebte bei begreiflicher Abneigung gegen alles das (besonders Süßigkeiten), was sie tagaus tagein zu produzieren hatte, beinah ausschließlich von Rotwein und entlehnte das wenige, was sie nebenher noch an Nahrung brauchte, dem beständigen Fettwrasen, in dem sie stand. Ihr Eintritt in unser Haus war für mich gleichbedeutend mit Postofassen in Nähe der Küche, wo nun alles, was sich vollzog, von mir beobachtet beziehungsweise bewundert wurde. Den Anfang machte immer die Herstellung eines Baumkuchens. Als die Gaster, die darüber Buch führte, den tausendsten fertig hatte, gaben ihr die Swinemünder Hausfrauen ein wohlverdientes Fest. Es gibt auch heute noch Baumkuchen, gewiß; aber die jetzigen sind Entartungen, schwächliche, schwammartige Bleichenwangs, während die damaligen eine glückliche Festigkeit hatten, die sich an den gelungensten Exemplaren bis zur Knusprigkeit steigerte, begleitet von einer vom dunkelsten Ocker bis zum hellsten Gelb reichenden Farbenskala. Ich war immer glücklich, dem Werdeprozeß solches Baumkuchens zusehen zu können. Auf einem riesigen Herde befand sich nach der Wand hin ein aus Ziegelsteinen aufgemauertes niedriges Halbgewölbe, das, nach oben zu dachartig vorspringend, nach unten zu schräg zurücktrat. An dieser zurücktretenden Stelle zog sich ein wohl vier Fuß langes schmales Kohlenfeuer hin, an das nun zwei kleine Eisenständer mit aufgelegtem Bratspieß und Drehvorrichtung herangerückt wurden. Der auf diesen Ständern ruhende Spieß aber gab sich nicht einfach als solcher, vielmehr war ihm ein seiner ganzen Länge nach ausgehöhlter und nach außen hin mit gefettetem Papier überzogener Holzkegel aufgeschoben, der bestimmt war, die Seele des herzustellenden Baumkuchens zu bilden. Und nun, mit Hilfe eines an einem langen Stocke steckenden Blechlöffels, begann das Aufgießen eines dünnflüssigen, anfangs immer wieder herabtröpfelnden Teiges, so daß das eingeschlagene Verfahren eine ganze Zeitlang wie vergeblich erschien. Von dem Augenblick an aber, wo die Teigflüssigkeit konsistenter und das Abtropfen langsamer wurde, regten sich auch die Hoffnungen wieder, und ehe ein paar Stunden um waren, konnte der prachtvoll gebräunte, zugleich zackenreiche Baumkuchen von dem Holzkegel heruntergenommen werden. Alles dabei war von symbolischer Bedeutung. An das volle Gelingen dieses Pracht- und Schaustückes knüpfte sich das Vertrauen auf das Gelingen des Festes überhaupt. Der Baumkuchen stellte dem Ganzen das Horoskop.“

Conradi Ballade Königsbesuch in der Baumkuchenstadt

Kleine Ballade mit Musik und Scherenschnitten. In: Unsere Altmark 11. Jg. Nr.15 v. 6.April 1932 Die Salzwedeler Autorin Ina Conradi veröffentlichte im Jahre 1932 in der Heimatbeilage des Salzwedeler Wochenblattes eine Ballade, die Legenden zur Baumkuchengeschichte aus der Familienüberlieferung heraus in dichterischer Form schilderte. Auf dem illustrierten Druck sind auch Noten vermerkt mit dem Zusatz: „Melodie im Takt der sich flink drehenden Baumkuchenstange“ 1. Kurbrandenburgs Wiege im Altmärkerland, Altehrwürd’ges Städtlein trägt Festtagsgewand; Wilhelms, des Greisen Huldigungsfahrt, Bismarcks, des Weisen Salzwedel harrt – 2. „Sie kommen, sie kommen!“ Durch’s Neupervertor Jagen die Postkutschen vierelang vor. Düsterer Himmel, Posthorntrara – Fahnengewimmel, Jauchzend Hurra ! 3. Von der Schulenburg, Edler und Wirklicher Rat, der zeiget den Gästen die Markgrafenstadt, Burghof verlassen, Geisterhaft still, Festlicher Straßen Lustig Gewühl : 4.„Und gibt’s gute Waren und wohlschmeckend Bier Trotz salziger Wiesen Und Pfefferteich hier, Mög’s Euch gefallen, Daß ein Gewächs, Heimisch vor allem, Jetzt Euch ergötz!“ 5. Rundturm und Erker, der Schulenburg Schloß ! Durch’s alte Probsteitor Saust Wagen und Roß, Weiß und gold flimmert prächtiger Saal . . . . . Kuchenbaum schimmert, Krönet das Mahl. 6. Da lächeln die Gäste, es lacht Majestät: „Ich lob’ mir den Meister, der’s Handwerk versteht! Schulenburg Edler, Herr der Probstei, Ruft den Salzwedler Bäcker herbei!“ 7. Der kam und verneigt sich: „Nicht mich lobt, o Herr! Dem tüchtigen Jüngferlein gebet die Ehr, Dem schon vor Zeiten Fürstliche Gunst Lohnte die Freuden Nahrhafter Kunst. 8. Luise von Lenz, eines Leutenants Kind, Im Gasthof zum Adler Erprobt sie’s geschwind : Butter, viel Eier, Zuckerbelag, Buchenholzfeuer, Ihr schafft ich’s nach !“ 9. „Und lohnt man die Kunst einst mit fürstlicher Gab’ Hofbäckermeister sei du mir fortab!“ Rauschen die Fahnen Jubelnd empor, Weltruhm sie ahnen, Rauschen im Chor : 10. Kurbrandenburgs Wiege in Moor, Salz und Sand Türmegeschmücket und mauernumspannt, Albrechts des Bären Trutzige Saat : Blüh hoch in Ehren, Baumkuchenstadt !“

Das MusikEXtrakT Baumkuchenlied

Christian Zwer (Schlagzeug), Maria Kalmbach (Gitarre), Florian Bierwirth (Gitarre, Gesang), Sandra Dienelt (Bass): Die nur kurze Zeit existierende Musikband nahm im Jahre 2005 eine CD mit mehreren Titeln auf. Darunter befindet sich auch ein „Baumkuchenlied“, das auf dem Tag des Baumkuchens im Oktober 2004 uraufgeführt wurde. Text: Christian Zwer Musik: Das MusikEXtrakT Baumkuchenlied 1. Es gab eine große Zeit, da machten sich die Baumkuchenbäcker bereit. Denn aus Volkseigener- und Kombinatenbäckerei war der Weg geebnet Zur Kleinstaatenbäcker – Kleinbäckerstaaterei. Refrain: Und so geschah, was nicht sein sollte, in Salzwedel gibt es eine Baumkuchenrevolte. 2. Und die Freude war dann ganz famos Kleines Bäckerimperium riesig groß. Doch meistens wehrt die Freude nicht sehr lange und Den Baumkuchenbäckern wurde angst und bange. Denn nun stellt das Volk die Frage ganz frei. Wer knetet denn den richtigen Teig in seiner Kleinstaatenbäcker-Kleinbäckerstaaterei. 3. Als Kunde hat man’s nun schwer – will man sich an Baumkuchen laben, Man kann nämlich echten, Salzwedler und originalen haben. Zwar ist der geschmacklich ziemlich gleich, Doch macht der eine den einen und der andere den andern reich. Und am Ende knetet jeder seinen eigenen Brei, In der Kleinstaatenbäcker-Kleinbäckerstaaterei. 4. Das Ende der Geschichte ist ziemlich barsch, An die Spitze des Baumkuchenvolks kommt ein Monarch. Denn dank der Baumkuchenkönigin verdient man mehr Geld. Und die Kleinstaatenbäcker-Kleinbäckerstaaten von Salzwedel werden berühmt in aller Welt.

Salzwedeler Baumkuchenlied

Musik: G. Glöckner Text: H. Glöckner-Neubert 1989 Das Salzwedeler Baumkuchenlied wurde durch den Salzwedeler Kinderchor „Die Zaunkönige“ 1989 in Rostock uraufgeführt. In diesem Jahre nahm der bekannte Chor dort an einem Festival teil. Das Chorleiterehepaar Horenburg hatte die Teilnahme vorbereitet und organisiert. Das Rostocker Festival war ein Treffen verschiedener Chöre, die zu diesem Anlass dort zahlreiche Auftritte absolvierten. Hinsichtlich des Repertoires gab es für alle Chöre gleiche Vorgaben. Dazu gehörte u. a. auch die Uraufführung eines Stückes. Eine besondere Bedeutung besaß dieses Veranstaltung für die beteiligten Chöre auch dadurch, dass hier der Kontakt und die Zusammenarbeit mit renommierten zeitgenössischen Komponisten gepflegt wurde. In diesem Zusammenhang entstand auch das Salzwedeler Baumkuchenlied. Der Komponist G. Glöckner schuf die musikalische Vorlage. Seine Ehefrau H. Glöckner-Neubert verfasste den Text nach den ihr zur Verfügung gestellten Informationen zur Geschichte des Salzwedeler Baumkuchens. Für die Aufführung wurde dann die ursprüngliche dritte Strophe weggelassen, da die Herrschaft der Pharaonen in Ägypten zeitlich doch etwas zu weit entfernt von der Baumkuchenproduktion in Salzwedel war. Dafür wurde eine neue letzte Strophe hinzugefügt. 1. In Salzwedel ist das Wappen verkehrt, weil eigentlich keiner den Adler verehrt, Der Salzwedler Baumkuchen wäre geeigneter für diese Ehre. Tra-la-la….. 2. Der Baumkuchen ward sogleich exportiert, als ihn anno damals der König probiert. Er ließ überm Baumkuchenschmausen sein Kriegspielen erst einmal sausen. 3. Man grub bei den Pharaonen nach Gold. Was haben die Forscher ans Tageslicht geholt? Dicht neben den morschen Gebeinen lag Salzwedler Kuchen im Schreine. 4. Im hinteren China fragte ein Mann: Gibt’s Bäume bei euch, die man aufessen kann? Ich sagte: Das kann ich beweisen. Nun will er nach Salzwedel reisen.

Molzbergers Baumkuchen-Kuchenbaum

Das Wortspiel „Baumkuchen-Kuchenbaum“ inspirierte den Bildhauer Hans Molzberger zu dieser Installation.
Hans Molzberger, 2002

Baumkuchenhaus

Ideen-Entwurf für ein „Baumkuchenhaus“ auf dem unbebauten Rathausturmplatz von Hartmut Rompel, Öl, 2006

Baumkuchenbrunnen

Ideen-Entwurf für einen „Baumkuchenbrunnen“ auf dem unbebauten Rathausturmplatz der Salzwedelerin Waltraut Reinke, Aquarell, 2004

Baumkuchentorte

„Baumkuchentorte“, Zeichnung des Stipendiaten Sebastian Gerstengarbe, 2005

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